Obwohl dies die regenärmste Gegend Tirols ist, hat es in der Nacht stark
gewittert. Der Inn ist jetzt nicht mehr grünblau, sondern sandig braungrau.
Wir folgen nun hinter Pfunds der schmalen alten Verbindungsstraße, da ab hier
die Bundesstraße 315 für das Fahrrad gesperrt ist. Es geht über Lafairs,
Stein und Tösens nach Ried.
Schöne Ortsdurchfahrten dieser noch verträumten Dörfer lassen uns den
leichten Regen vergessen. Oh weh, beim Bremsen in Ried bricht Edis Hydraulikschlauch
der Vorderbremse und wir fragen nach einem Fahrradladen. Den soll es im 3 km
entfernten Prutz geben. Dort gibt es aber keinen richtigen Fahrradladen.
Wir fahren nun auf der wieder für Räder freigegebenen 315 schnurstracks nach
Landeck, der nächstgrößeren Stadt.
Als drei Mountainbiker Edi überholen, wird sein Jagdinstinkt geweckt und das
Rennen geht bis Landeck, ohne Anne, versteht sich. Obwohl an den Anstiegen die
grünen Steine die Sache nicht leichter machen, kommt Edi als erster in Landeck
an, die Mountainbiker sind sichtlich von der Leistungsfähigkeit eines Liegerads
beeindruckt. Im Touristinfo von Landeck weiß man nur, daß die nächste
Radwerkstatt in Zams liegt. Also nochmal drei Kilometer bis Peters Veloshop.
Doch
Peters Mechaniker ist im Urlaub, was aber kein Problem ist, da ja im 20 Kilometer
entfernten Imst ein sehr guter Fahrradladen sein soll. Es ist jetzt Freitagmittag
und mit unseren paßtrainierten Muskeln geht es zügig das anfangs ebene Stück
nach Imst.
Imst
liegt jedoch am Hang und wir müssen noch einige Meter nach oben. Um dort zu
erfahren, daß der große Fahrradladen im Tal neben der Autobahn liegt. Um kurz
vor eins erreichen wir ihn, noch ist der Laden zu und Mittagspause. Wir warten
und essen inzwischen eine Käsesemmel von der nahegelegenen Tankstelle. Es ist
sehr ungemütlich und heiß, da hilft auch die große Flasche Almdudler nicht hinweg.
Da hält ein Auto mit der netten Nummer "IM-ARAL 7" vor der Araltankstelle
und der Fahrradladen öffnet sich! Der kurze Kommentar lautet: "Magura-Bremsen,
da kann ich ihnen auch nicht weiterhelfen. In Telfts, 30 km weiter Richtung
Innsbruck gibt es einen, der kann das."
Und
in der Tat, dort treffen wir einen Fahrradmechanikermeister, der gerade
im Aufbruch zu einem Tandem-Radrennen ist, eigentlich überhaupt keine Zeit mehr
hat und trotzdem so hilfsbereit ist, seinen mit Magura-Spezial-Equipment
gefüllten Pappkarton zu öffnen und gemeinsam mit seinem noch etwas unerfahrenen
Lehrling und den ingenieurmäßigen Tipps von Edi die Malaise zu beheben.
Dies scheint nach einer Stunde und so mancher Tücke des Objekts auch gelungen
zu sein, jedenfalls zahlen wir die 500 Schillinge gerne für diesen Dienst. Auf
den letzten Kilometern vor Innsbruck stellt Edi allerdings fest, daß sich die
Bremswirkung in engen Grenzen hält.
Es
ist jetzt sehr heiß im Inntal, unser Thermometer zeigt 40 Grad am Fahrrad. Daher
gehen wir vor Innsbruck an einer kleinen Sandbank ans Innufer
und frischen unsere heißen Füße im eiskalten Wasser ab.
Innsbruck
begrüßt uns mit seiner Universität, der Neubau sieht fast wie Tübingens Morgenstelle
aus, und von da an gibt es gut ausgeschilderte Radwege, die nahe zum Zentrum
führen.
Die letzten zwei Kilometer müssen allerdings durch manuelle Navigation nach
der Regel "die Stadthäuser werden immer höher, dann hat man bald das Zentrum
erreicht", Straßenbahnen werden dichter und schon blitzt um die nächste Ecke
in einer Fußgängerzone das Goldne Dacherl wunderschön von der Abendsonne
bestrahlt, entgegen. Zweihundert Meter weiter, in der Ottoburg essen
wir im Freien zu Abend.
Das
Restaurant ist sehr zu empfehlen, schneller, guter Service, leckere Speisen.
Nun geht's weiter zum Campingplatz. Edi war vor zwanzig Jahren bereits
einmal auf dem Innsbrucker Campingplatz, und er versucht instintiv, bald links,
bald rechts abbiegend, den Zeltplatz zu finden. Bis er plötzlich meint: "Ich
versteh´s nicht, wir müssen jetzt doch einmal fragen." Der Passant sagt: "Ja,
genau hier wo der blaue Neubau steht, war früher Innsbrucks Campingplatz, leider
gibt es keinen mehr im Stadtgebiet." Er empfiehlt uns, 6 km weiter nach Hall
zu radeln, dort sei neben dem Hallenbad ein geeigneter Platz für unser Zelt.
Dem gemütlichen Radweg am Inn entlang folgend, erreichen wir Hall, finden den
Campingplatz nicht auf Anhieb und beschließen, statt umzudrehen, einfach nach
Volders, dem Ort mit dem nächsten Zeltplatz weiterzufahren.
Die Straßen sind jetzt schön ruhig, doch es beginnt zu dämmern, und wir sind
froh, als wir kurz vor neun Schloßcamping Volders erreichen. Da meint
der Platzwart, leider wäre alles voll. Aber angesichts der fortgeschrittenen
Stunde fährt er sein Auto hinter dem Anmeldekiosk weg und ein kleines Stückchen
Rasen, geradeeben ausreichend für unser Alaska 2 Zelt wird frei. Wir genießen
noch ein Bierchen und wollen schlafen. Unsere zentrale Zeltlage läßt uns aber
das Nachtleben am Campingplatzrestaurant live miterleben. Ist es dann
mal 10 Minuten ruhig, kommen sicher einige Holländer, Ungarn oder wer auch immer,
treffen sich an der Campingkioskkreuzung und besprechen die wichtigsten Erlebnisse
des Tages. Edi meint: "Meinen letzten Glockenschlag habe ich um 1.30 vernommen".
Dieser Tag hat uns 122,69 km weit gebracht, der Inn ist inzwischen zum richtigen
Gebirgsfluß mutiert.
Und weiter nach Kufstein
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