Heute
wollen wir ohne Gepäck nach Maloja fahren, um von dort aus den Ursprung
des Inns am Pass Lunghin zu erwandern. Hinter dem Campingplatz führt
uns zunächst der Radweg nach Silvaplana und dann durch wunderbare, sonnendurchflutete
Uferwälder am See Lej da Silvaplauna entlang, wir erreichen Sils im Engadin,
wollen uns dort etwas Proviant kaufen, stellen aber fest, daß nur eine sehr
kleine Auswahl im Bäckerladen zu finden ist. Die zahlreichen Touristen haben
wohl alle Vollpension. Nun wird es kniffelig, wie geht der Radweg weiter? Einerseits
zeigt der Pfeil nach Süden, doch das Weidegatter ist so eng, daß es wohl nicht
der Radweg ist. Hier starten aber auch Pferdekutschen mit den Hotelgästen
von Vaüglia, da die schmale Straße nicht für Autos freigegeben ist. Wir folgen
dem wirklich sehr steilen, geteerten Kutschenweg, Anne schiebt, Edi bemüht sich,
mit den Mountainbikern mitzuhalten, was ihm auch gelingt.
Erstmal
Rast in fast 2000 Metern Höhe und weiter geht's in Richtung Maloja, doch oh
weh, Radweg bedeutet jetzt Mountainbike-Weg, dem wir tapfer folgen, bis er links
in steilen Spitzkehren als Wanderweg abbiegt. Wir beratschlagen, während wir
einen Kuhhirten bei seiner Arbeit beobachten, wie es weitergehen soll.
Die ganzen erklommenen Höhenmeter zurück ist auch doof, also den kleinen Wanderweg
nach Isola hinab. Ein Abstieg mit Liegerad zum Glück ohne Gepäck, aber trotzdem
an der Grenze des Machbaren.
Den
vorbeikommenden Wanderern erklären wir, es handele sich um eine Testsportart
für ein großes Sportunternehmen, Liegerad-Shifting.
Nach
einer Stunde und hundert Höhenmetern in Isola angekommen, genießen wir
dieses außerordentlich reizvolle Bergdorf, gleich muß Heidi um die Ecke kommen,
um die Dorfziege abzuholen, in der kleinen Gartenwirtschaft. Gestärkt mit Spaghetti
und Pilzpolenta geht es dann weiter am jetzt wieder besser ausgebauten
Radweg entlang des Lej da Segl nach Maloja.
Ein
kurzer Blick auf die steile Paßabfahrt in Maloja zum Lago di Como und dann die
Räder ins Gras gelegt und den Aufstieg mit Fototasche, warmem Fließ, Regensachen
um die Hüfte gebunden, bewaffnet mit einigen Riegeln, geht es nach oben.
Links
sehen wir immer den jungen Inn in Kaskaden den Hang hinunterplätschern, die
Vegetation ist zunächst noch sehr üppig, zunehmend wird die Grasdecke dünner
und ab 2300 Metern macht sich die Erosion durch Wanderwege doch deutlich
bemerkbar.
Bei
2484 Metern erreichen wir den Lej dal Lunghin, einen einsam gelegenen
Bergsee zwischen steilen Felswänden.
Der Bodenbewuchs
beschränkt sich auf einige Alpenröschen und blauem Enzian, zusammen mit dem
türkisblauen Wasser ein Genuß für die Sinne. Wir folgen nun dem Wanderweg durch
das Kar, der Untergrund mit seinem vielfältigen Gestein, leuchtend grüner Granit,
braun oxidierte Felsen, bereichern die Szenerie.
Um
16.00 haben wir endlich die Paßhöhe bei 2645 Metern erreicht und wir genießen
die mitgebrachte Salami auf Semmel.
An dieser Stelle teilen sich Europas Gewässer, nach Norden fließt hier jeder
Tropfen über den Rhein in die Nordsee, nach Süden geht's über
den Po in die Adria und wer etwas weiter östlich seinen Kaffee
verschüttet, kann ihn über Inn/ Donau 3000 Kilometer weiter im Schwarzen
Meer wiederfinden.
Leider
zieht der Himmel jetzt völlig zu und wir versuchen, möglichst rasch abzusteigen.
Mit schlechtem Wetter ist im Gebirge bekanntlich nicht zu spaßen. Trotzdem erwischt
uns kurz vor Maloja noch ein kräftiger Regenschauer.
Dort
steigen wir aufs Rad und wählen die Bundesstraße auf der Westseite von Lej da
Segl, um rasch die 16 Kilometer zum Campingplatz zurückzulegen. Dieser Tagesausflug
hat sich wirklich gelohnt, und unser Gepäck ist nun um 2 kg Gestein aus den
Zentralalpen schwerer.
Und weiter nach Pfunds
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