Mittwoch, 4.August 1999 | Thusis 43 km Pfunds St. Moritz - Maloja - St. Moritz |
Heute wollen wir ohne Gepäck nach Maloja fahren, um von dort aus den Ursprung des Inns am Pass Lunghin zu erwandern. Hinter dem Campingplatz führt uns zunächst der Radweg nach Silvaplana und dann durch wunderbare, sonnendurchflutete Uferwälder am See Lej da Silvaplauna entlang, wir erreichen Sils im Engadin, wollen uns dort etwas Proviant kaufen, stellen aber fest, daß nur eine sehr kleine Auswahl im Bäckerladen zu finden ist. Die zahlreichen Touristen haben wohl alle Vollpension. Nun wird es kniffelig, wie geht der Radweg weiter? Einerseits zeigt der Pfeil nach Süden, doch das Weidegatter ist so eng, daß es wohl nicht der Radweg ist. Hier starten aber auch Pferdekutschen mit den Hotelgästen von Vaüglia, da die schmale Straße nicht für Autos freigegeben ist. Wir folgen dem wirklich sehr steilen, geteerten Kutschenweg, Anne schiebt, Edi bemüht sich, mit den Mountainbikern mitzuhalten, was ihm auch gelingt. Erstmal Rast in fast 2000 Metern Höhe und weiter geht's in Richtung Maloja, doch oh weh, Radweg bedeutet jetzt Mountainbike-Weg, dem wir tapfer folgen, bis er links in steilen Spitzkehren als Wanderweg abbiegt. Wir beratschlagen, während wir einen Kuhhirten bei seiner Arbeit beobachten, wie es weitergehen soll. Die ganzen erklommenen Höhenmeter zurück ist auch doof, also den kleinen Wanderweg nach Isola hinab. Ein Abstieg mit Liegerad zum Glück ohne Gepäck, aber trotzdem an der Grenze des Machbaren. Den vorbeikommenden Wanderern erklären wir, es handele sich um eine Testsportart für ein großes Sportunternehmen, Liegerad-Shifting. Nach einer Stunde und hundert Höhenmetern in Isola angekommen, genießen wir dieses außerordentlich reizvolle Bergdorf, gleich muß Heidi um die Ecke kommen, um die Dorfziege abzuholen, in der kleinen Gartenwirtschaft. Gestärkt mit Spaghetti und Pilzpolenta geht es dann weiter am jetzt wieder besser ausgebauten Radweg entlang des Lej da Segl nach Maloja. Ein kurzer Blick auf die steile Paßabfahrt in Maloja zum Lago di Como und dann die Räder ins Gras gelegt und den Aufstieg mit Fototasche, warmem Fließ, Regensachen um die Hüfte gebunden, bewaffnet mit einigen Riegeln, geht es nach oben. Links sehen wir immer den jungen Inn in Kaskaden den Hang hinunterplätschern, die Vegetation ist zunächst noch sehr üppig, zunehmend wird die Grasdecke dünner und ab 2300 Metern macht sich die Erosion durch Wanderwege doch deutlich bemerkbar. Bei 2484 Metern erreichen wir den Lej dal Lunghin, einen einsam gelegenen Bergsee zwischen steilen Felswänden. Der Bodenbewuchs beschränkt sich auf einige Alpenröschen und blauem Enzian, zusammen mit dem türkisblauen Wasser ein Genuß für die Sinne. Wir folgen nun dem Wanderweg durch das Kar, der Untergrund mit seinem vielfältigen Gestein, leuchtend grüner Granit, braun oxidierte Felsen, bereichern die Szenerie. Um
16.00 haben wir endlich die Paßhöhe bei 2645 Metern erreicht und wir genießen
die mitgebrachte Salami auf Semmel. Leider zieht der Himmel jetzt völlig zu und wir versuchen, möglichst rasch abzusteigen. Mit schlechtem Wetter ist im Gebirge bekanntlich nicht zu spaßen. Trotzdem erwischt uns kurz vor Maloja noch ein kräftiger Regenschauer. Dort steigen wir aufs Rad und wählen die Bundesstraße auf der Westseite von Lej da Segl, um rasch die 16 Kilometer zum Campingplatz zurückzulegen. Dieser Tagesausflug hat sich wirklich gelohnt, und unser Gepäck ist nun um 2 kg Gestein aus den Zentralalpen schwerer. Und weiter nach Pfunds |
eduard@heindl.de | Sommer 1999 http://www.solarserver.de/inn/index.html |