Kurz vor sieben starten wir ohne Frühstück vom Zeltplatz Thusis. Zum Glück
ist der Campingplatz-Wärter bereits wach und öffnet uns die zwischen 22.30 und
7.00 geschlossene Rampe, zudem gibt er uns einen nützlichen Tip, wie wir geradewegs
auf die alte Bundesstraßenstrecke kommen, was allerdings das Überqueren einiger
schottriger Baustellen erfordert. Die Straßenführung bei Thusis muß man
sich mehr wie eine amerikanische Spaghetti-Junction vorstellen, da hier
auf engstem Raum der Rhein, die N13, die B13 und einige lokale Straßen sich
das enge Tal streitig machen. Hinter Thusis geht es zügig bergauf nach Alvaschein
(1001 Höhenmeter) und dann in schöner Schußfahrt hinab nach Tiefencastel, nomen
est omen, 851 Meter tief. Da
Tiefencastel durch die sommerlichen Bauarbeiten nicht gerade ruhig ist,
kaufen wir nur kurz in einer Bäckerei gefüllte Laugenbrötchen, süße Stückchen,
viel Milch und fahren damit in die Albula-Paßstraße hinein. An der ersten
schönen Holzlagerstelle gibt es dann ein kräftiges Bergradlerfrühstück. Der
Tag hat sonnig angefangen, jetzt ist es etwas bewölkt, also wunderbares Wetter
für den Aufstieg. Weiter geht's über die Orte Alveneu-Bad, Filsur und
dahinter durch die immer enger werdenden Täler zum letzten Ort Bergün oder auf
rätoromanisch, das hier bereits gesprochen wird Bravuogn.
Nochmal
etwas Nachschub in einer Metzgerei für unsere hungrigen Mägen und von unseren
bereits 1367 Metern hinauf in den Paß D´Alvra. Die Straße steigt nun immer zwischen
10 und 12 % an, eine Steigung, die die begleitende Schmalspurbahnlinie nur durch
viele Tunnelkehren und Brückenviadukte bewältigen kann. Gespenstisch
hört man bald oben, bald unten das Pfeifen der Loks, bevor sie in diese Kehrentunnels
einfahren. Immer wieder kreischende Räder der langen bremsenden Güterzüge, Eisenbahnromantik
vom Feinsten, Paßfahrt wie in einer Modelleisenbahn.
Die
Landschaft ist wunderbar, die Straße schlängelt sich in den Berg hinein, kleine
Wasserfälle des Albula-Flusses, der durch die saftig grünen Hangwiesen zieht.
Die Steigung nimmt zu, zumindest fühlt es sich so an, leider ist die Strecke
länger als im Tübinger Trainingslager. Dafür werden die Pausen häufiger. Edi
meint schon scherzhaft: "Wir müssen am Berg campen." Zum Glück sind die wenigen
Autos an dieser für LKW und Wohnwagen gesperrten Paßstraße sehr radlerfreundlich.
Immer wieder gibt es aufmunternde Worte, zuwinkende Motorradfahrer und ermutigenden
Zurufe entgegenfahrender Radler. Müde erreichen wir die Baumgrenze bei 2000
Metern Höhe, inzwischen tröpfelt es doch ganz fleißig vom Himmel, was uns aber
mehr erfrischt als stört.
Kurz
vor vier Uhr dann die Paßhöhe des Albula bei 2315 Metern. In der historischen
Paß-Gaststätte gibt es dann erstmal einen trockenen warmen Raum und Kaffee
mit Kuchen. Wir folgen nun der fast eben verlaufenden Hochstraße zwischen beachtlichen
Schneeflecken, dieser Rekordwinter scheint an einer Stelle vielleicht
einen neuen Gletscher zu gebähren, mal sehen, ob der in den nächsten Jahren
weiterwächst.
Je
näher wir an das Engadin kommen, desto heller und sonniger wird es, die Abfahrt
nach LaPunt ist dann eine helle Freude. Erstmals sehen wir den noch jugendlichen,
grünblau schimmernden Inn und folgen nun in der Ebene innaufwärts über
Bever dem Engadin-Radweg nach St. Moritz. Kurz vor St. Moritz, hinter
Celerina wird es nochmal etwas steil, wir müssen 100 Höhenmeter erklimmen, von
dort geht es nach St. Moritz Bad, wo der Zeltplatz auf uns wartet. In St. Moritz
haben wir uns allerdings kurz verloren, da die Augen mehr bei den prachtvollen
Hotelbauten und mondänen Geschäften waren als beim Partner. Der Zeltplatz,
gestern hat wohl noch ein Reitturnier stattgefunden, es riecht etwas nach Pferdedung,
vornehme Fürstenzelte werden abgebrochen, bietet uns einen angenehmen Aufenthalt.
Am Kiosk holen wir uns das wohlverdiente Abendessen und verschwinden bald in
unseren Schlafsäcken. 69 Kilometer Entfernung zurückgelegt.
Und weiter zum Ursprung des Inns nach Maloja
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