Ausgedehntes, tolles Frühstück bei Traudl. Das war nun für längere Zeit das
letzte ruhige Schlafgemach mit einem noblen Frühstück. Um 10.15 h starten wir
gemeinsam mit Traudl in Richtung Wangen. Traudl kennt einen Spezial-Schleichweg
in echter Islandqualität. Es geht zum Teil nur einspurig durch ein Moorgebiet
zwischen Isny und Eisenharz. Da es in den letzten Tagen wohl auch mal geregnet
hat, ist der Boden manchmal ganz schön weich. Kurz vor Eisenharz verabschieden
wir uns von Traudl und rollen auf schmalen Bauernwegen durch Gießen nach
Wangen.
Hier beginnt der ausgeschilderte Radweg nach Lindau, dem wir frohen
Mutes gerne folgen. Bis an einer Abzweigung nicht ersichtlich wird, ob links
oder rechts. Wir entscheiden uns für rechts, wie auch ein anderes Radtouristenpärchen,
dies bezahlen wir mit einigen weniger schönen Kilometern auf der Bundesstraße
B 12 nach Lindau, die allerdings von der parallel laufenden Autobahn A 96 gut
entlastet wird. Am Schluß geht es in einer Schußfahrt hinab nach Lindau.
Auf
der Insel ist an diesem Sonntagmittag bereits ein gewaltiges Gewimmel an Ausflugstouristen.
Wir lassen uns auf der Insel auf der Uferpromenade auf einem netten Holzbänkchen
nieder und genießen bei der Mittagsrast das reichhaltige Proviant, das uns Traudl
mitgegeben hat. Es ist immer wieder amüsant anzusehen, wie einzelne Feriengäste
an der Promenade ihre Schönheit der Menschheit offenbaren, andere sich
in wichtige Diskussionen über den Sinn und Unsinn vertiefen.
Danach
geht es entlang des Bodensees, ein zwar vollständiger Radweg um den See,
jedoch völlig überfüllt mit der tretenden Bevölkerung Lindaus, die nach
Bregenz strebt und der uns aus Bregenz entgegenkommenden Veloschar, die wohl
Lindau in Kürze besuchen werden. Zudem führt dieser Radweg direkt durch Strandbäder,
links und rechts dicht an dicht Badetücher, eingeölte Menschen und die Schönen
aller Nationalitäten im Badedress. Wirklich eng wird es bei Bregenz, wo das
betonierte Bodenseeufer hinter einer niedrigen Mauer in Uferpromenande
gleich Radweg übergeht, gefolgt von einem ca. 120 cm breiten Rasenstreifen,
der durch längsgelegte Badetücher kaum sichtbar wird, einem Zaun, dahinter die
zweispurige internationale Bahnstrecke nach Italien, auf der noch das Schwemmholz
des Frühjahrhochwassers lagert. Dann abermals ein Zaun, ein schmaler
Bürgersteig, die Bundesstraße und dahinter die ersten Geschäftshäuser von Bregenz.
Zum Glück wurde in diesem Bereich zumindest die Autobahn in einen Tunnel verbannt
(Pfändertunnel).
Hinter
Bregenz wird es rasch ruhiger, eine der seltenen Fahrradweg-Umleitungen
zeigt uns eine Route, die nicht vom Bodensee-Hochwasser beschädigt wurde und
nach einer Weile geht es gemütlich Richtung Rorschach zum Rhein.
Nach Erreichen des Rheins biegen wir links ab und folgen diesem Fluß in den
nächsten Tagen. Ein komfortabler Radweg begleitet den doch arg regulierten,
gerade laufenden Fluß, der tief zwischen den Dämmen im Moment etwas müde vor
sich hin plätschert.
Diese
Route langweilt uns bald und wir biegen bei Widnau rechts ab, befinden uns jetzt
endgültig in der Schweiz, ein Grenzübergang, den wir praktisch nicht wahrgenommen
haben und folgen einem alten Kraftwerkskanal, der schon fast romantisch
durch das sich nun weitende Rheintal zieht. Hier finden wir auch einen der wenigen
Kanaltunnel. So schön der Weg war, so langsam kamen wir auf diesen Nebenstrecken
voran und entschließen uns, auf den Rheinuferradweg zurückzukehren.
Hier
ist der Weg eben und gut geteert, der Genuß kommt vor allem durch die jetzt
immer mächtiger werdende Gebirgsszenerie und Höhepunkten wie den linkerhand
sichtbaren Schloß von Liechtenstein in Vaduz. Als es dämmerig
wird, sehen wir auf den Sandbänken des Flußufers bereits einige Schweizer mit
romantischen Flußinsellagerfeuern. Manche Gruppen grüßen mit heftigem Hallo
zu unseren Liegerädern den Rheindamm hinauf. Da uns noch immer fast vierzig
Kilometer von unserem Ziel Chur trennen, wollen wir nur noch bis zum Campingplatz
Sargans weiterrollen.
Ein
Schild am Rand "Schlafen im Stroh", das scheint genau das richtige. Kein
langwieriges Zeltaufbauen und nur 500 Meter bis zu einem Bauernhof. Dort lassen
wir uns die Schlafgelegenheit zeigen, es handelt sich weniger um eine romantische
Strohtenne, sondern vielmehr um einen fast industriellen Kuhstall, in dem einige
Strohballen für durchreisende, müde und zu allem entschlossene Radler bereitliegen.
Die säuberlich aufgeschichteten Decken, der Hinweis, es gibt eine Dusche und
morgens ein Frühstück für nur 20 Fränkli pro Person, lassen alle Bedenken schwinden
und wir wählen dieses Nachtquartier. Die Bäuerin macht uns noch darauf aufmerksam,
daß heute der 1. August ist, Schweizer Nationalfeiertag. Jetzt verstehen
wir auch einige größere Grillparties, herausgehängte Fähnchen und Böllerschüsse
etwas besser, die gegen Abend weiter zunehmen.
Edi
schläft rasch in dem nicht unerheblichen Stallgeruch ein, während Anne
vor allem mit der immer wieder einsetzenden Geräuschentwicklung, auch
Kühe müssen aufs Klo, obwohl sie dort nicht hingehen, und dem Klappern eines
Solar-Magazins, das von zwei unternehmungslustigen Kälbchen regelmäßig gerüttelt wird,
noch sehr lange wachliegt. Immer mit dem Gedanken im Kopf, der Bauer kommt um
halb sechs und wird sein Rindvieh füttern. Diese Tagesetappe hat uns 121 km
näher an den Paß Albula gebracht.
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