Tatsächlich,
5.30h, der Bauer fährt mit dem Trecker in die Scheune und beginnt sein Tagwerk
mit Futterverteilen und Melken. Die Nacht war hart, das Stroh zwar weich, aber
die Luft stickig und vor allem stank es entsetzlich nach Kühen. Für Anne wird
das wohl für eine Weile der letzte Versuch "Schlafen im Kuhstall" bleiben.
Das Frühstück in der bäuerlichen Küche, frische Milch! Ein außerordentlich starker
Kaffee, braucht man das um so früh morgens aufzustehen? Die Dusche und das
Frühstück lassen uns diese extreme Erfahrung dann doch in einem milderen Licht
erscheinen. Fazit: wenn wieder Strohübernachtung, dann bitte ohne Kühe.
Rasch sind wir mit dem Rad zu den kleinen Weindörfern von Jenins, Malans
aufgestiegen und genießen einige herrliche Ausblicke hinüber nach Pfäfers.
Die
erste große Rast gibt es in Chur, eine Stadt, die uns mit ihren unaufdringlichen
Betonhochhäusern begrüßt, im Inneren zwischen futuristem Busbahnhof und der
gemütlichen Fußgängerzone einen recht emsigen Eindruck hinterläßt. Anne ist
noch ziemlich groggy und deshalb mal wieder extrem langsam, so daß ein Mopedfahrer
Edi in Chur auf die noch zurückgebliebende Frau aufmerksam macht und Anne den
Weg zu Edi weist. Anne deckt sich nun mit einer Großpackung Marsriegel
ein, die wirklich bis zum Ende der Tour reichen sollten.
Gemeinsam
speisen wir aus lustigen Papphütchen Mini-Frühlingsrollen und Chicken-Nuggets
zu Mittag. Weiter den Rhein aufwärts wird es hinter Reichenau sehr viel bergiger.
Hier gibt es keinen Radweg, sondern nur noch die Bundesstraße 13, die allerdings
durch die Nationalstraße 13 wirklich entlastet wird und den Weg durch die wilde
Berglandschaft zwischen Domleschg und Heinzenberg ganz angenehm entlangführt.
Der Rhein verwandelt sich in einen reißenden Fluß, der zwischen schwindelerregend
steilen Felswänden hindurchrauscht.
Wir
erreichen Thusis, einen Ort zum Postkartenschreiben, dahinter beginnt die Via
Mala Schlucht. Der Postkartenkiosk davor ist umso gemütlicher, er bietet
neben Postkarten mit Briefmarken einen Tisch zum Schreiben im Hinterhof und
einen kostenlosen Patriotentrunk. Mit dieser frischen Kraft geht's weiter
bergauf in die Schlucht. Durch zwei Tunnels, überall Bauarbeiten. Bei der dritten
Baustelle beschließt Edi, den alten Schluchtweg zu nehmen. Wir biegen links
ab und kommen auf einen alten, verwilderten Weg, der steil bergab führt
. Wunderbare
Blicke in die Schlucht tun sich auf, wir sehen einen alten Brückenkopf,
eine neuere Brücke quert die Schlucht. Plötzlich stehen wir vor einem Felsrutsch
über den Weg, Edi schiebt beide Räder über die gefährliche Strecke, gleich danach
wieder: schräger Abbruch, Wegverschüttung. Auch hier bewältigt Edi mit
viel Kraft die Situation. Anne fühlt sich nicht mehr sehr wohl, denn wie viele
Wegunterbrechungen wird es wohl noch geben?
Kurz
darauf stehen wir vor einem jähen Straßenende. Die Schlucht gähnt vor uns, die
Brücke liegt wohl im Rhein, der schmale Fußweg zum Berg hinauf ist indiskutabel,
höchstens was für Wanderer mit Klettererfahrung, aber nichts für Fahrräder,
die voll bepackt sind. Also: umdrehen, Berg wieder hochfahren und durch die
Tunnels bergab wieder zurück nach Thusis.
Dort gehen wir auf den Campingplatz, bauen unser Zelt auf. Heute abend
wird Zigeunerspieß mit mariniertem Rindfleisch frisch gegrillt, das ist genau
das richtige als kräftige Stärkung für den nächsten Tag. Dazu gibt es Kuchen
und Kartoffelchips in rauhen Mengen, 1,5 l Mineralwasser, Saft, ein halbes Bier,
damit wir auch gut schlafen. Rasch wird es kalt und wir legen uns schlafen.
Morgen früh solls um halb sechs losgehen. 74 Kilometer Strecke
Und weiter gehts nach St. Moritz
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