5-11.8.1998
Reisebericht von Anne und Eduard Heindl

Zweite Etappe:

Island, von Myvatn nach Pingvellir

zurueck

Akureyri

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vom 5. bis 11. August 1998
http://www.eduard-heindl.de/is/island2.html
Regenbogen bei LaugarSchnell aus Myvatn weg, bevor das Heizwerk dank Vulkankraft explodiert. Es gab vor einiger Zeit schon einmal einen Zwischenfall, als statt heißem Wasser aus 2000 Metern Tiefe auf einmal Lava kam.

Edi stellt dann aber fest, daß sein Fahrradsitz gebrochen war. Er mußte ihn mit Draht notdürftig reparieren. Dimburga prägt die Landschaft, vom Moor aufgeschäumte Lava bildete Formationen, die stark an Burgruinen erinnern. Es sieht so aus, als ob es unterirdische Gewölbe gibt, teilweise sieht man Bögen, die an Keller denken lassen. Zwei Pässe mit jeweils 300 Höhenmetern geschafft, zum Schluß noch eine tolle Abfahrt bis Akureyri. Edi füttert Anne sehr gut mit Riegel. Vor dem ersten Paß machen wir sogar in einem Schnellimbiß in Laugar Rast. Drei Hotdogs und ein Käse-Schinken-Sandwich vor dem sehr steilen Anstieg. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich. Zeitweise sieht es aus wie im Allgäu: satte grüne Wiesen, Bäume hinterStrassenausbau No. 1 bei Fljotsheididen Höfen. Das Spiel des Lichts ist großartig: richtige Spotlights beleuchten mal dies, mal jenes, ein Hof wird ganz speziell angestrahlt. Mit dem Wetter haben wir wirklich Glück, es regnet nicht, es ist auch nicht zu heiß. Beim ersten Paß haben wir Regen und Sonne gleichzeitig und einen schönen Regenbogen. BeimGodafoss, Wasserfall des Skjalfandafljotzweiten Paß scheint die Sonne, während es ringsherum regnet. Als wir auf Akureyri zukommen, ist die Stadt total in Wolken eingehüllt, die Abfahrt war herrlich, und Akureyri liegt sehr schön in einem Fjord. Passagierschiffe liegen auf Reede vor dem Hafen, hohe Berge um die Stadt herum. Es sieht toll aus.

Ein schmaler Damm kürzt die Fahrt um den Fjord ab. Die Stadt hat alte Häuser aus Holz und Wellblech, die wunderschön aussehen. Wir fahren an einem großen Gewächshaus vorbei in die Stadtmitte. Dort gehen wir zu Baudinns, laut Lonely Planet das beste Restaurant Islands. Edi hat es zufällig sofort ausgespäht, erst im Lokal lesen wir die Empfehlung. Das Essen ist teuer aber sehr gut. Suppe, Salatbuffet (!) mit frischen Weintrauben (Luxus für Island), Catfisch und Rochenflügel waren wirklich fantastisch.Akureyri am Eyjafjoerdur

Zum Campingplatz geht es extrem steil hoch. Dort fängt ein Isländer sofort ein Gespräch mit uns über die Räder an. Er selbst vertreibt Candy-Produkte hier aus Island und war schon auf der Düsseldorfer Messe. Außerdem stellen wir fest, daß wir berühmt sind: auf der Fahrt kamen uns zwei Radler entgegen, die uns fragten: Ihr seid doch die zwei Liegeradler, die ins Hochland wollen? Sie hatten in Reykjavik Motorradfahrer getroffen, die mit uns mit der Fähre ankamen.

Mittwoch, 5. August 1998 zurueck 104 km
14,53 km/h
Start: 10:13
Abschnitt: Myvatn - Akureyri

Kurz nach zehn haben wir alles gepackt, eingekauft und versorgt bis auf Spiritus. Für teures Geld (ca. DM 25) erstehen wir einen Liter an einer Tankstelle. Dann gehts bei leichtem Regen und Wind langsam aufwärts durch ein leicht ansteigendes Tal. Das Wetter wird besser und wir können in einem kleinen WäldchenBauernhöfe im Oexnadalur TalMittagspause machen und Erbsensuppe kochen. Später stellten wir fest, daß es ein Grabmahl für einen gewissen Jonas, hier im Tal geboren, späterer Erforscher Islands, birgt. "Die Schilder hier in Island sind immer in der Landessprache und auf englisch und werden von Deutschen gelesen" (Anmerkung Edis zur Gedenktafel).

Kurz vor Passhoehe OexnadalsheidiDer Paß der Öxnadalur sieht gar nicht so schlimm aus, leicht nach oben gewunden. Unten steht zwar, daß der Paß 13 Kilometer lang ist, doch er sieht harmlos aus. Das erste Drittel geht auch ganz gut. Wie gestern zeigt sich die Sonne beim Aufstieg.

Doch dann kommt der Wind und zwar in der Gegenrichtung. Bislang waren wir vom Rückenwind verwöhnt! Und es wird merklich kälter.Wetterstation auf Oexnadalsheidi Edi kommt wie immer gut voran, doch für Anne ist es sehr anstrengend. Man kommt einfach nicht richtig voran. Und die Abfahrt erst! Sonst freut man sich drauf. Die Straße war gut, es geht bergab. Das rollt sonst. Wir wollen Windschatten fahren, damit Anne nicht so stark vom Wind erwischt wird. Edi muß die ganze Zeit bremsen, Anne auch. Wir haben dann Klingelzeichen ausgemacht. Einmal klingeln heißt langsamer fahren, zweimal Pause machen. Auf dieser Strecke klingelt Anne so oft, daß Edi schon ganz genervt ist, aber die Knie tun weh, und die gestrige Strecke steckt noch voll in ihren Knochen.

So ist sie sehr froh, als wir kurz vor acht Varmalid erreichen. Hier ist ein bißchen isländisch Wildwest. Pferde, die in Horden über das Land getrieben werden, überall kann man Pferde leihen. Im Tal davor gibt es ganz viele Bauernhöfe. Im Lonely Planet steht drin, daß viele von ihnen gut nach Bayern passen würden. Hier sind es richtige Ranches mit tollen Eingangspforten. Die Esso-Tankstelle bietet ein gutes Restaurant (tolle Burger mit Fritten und Fisch gegessen) und einen großen Supermarkt. Netter Campingplatz und dann sofort schlafen gehen.

Donnerstag, 6. August 1998 zurueck 96,5 km
13,34 km/h
Start: 10:13
Abschnitt: Akureyri - Varmahlid

Spät aufgestanden. Edi verwechselt das Zelt und ist auf einmal in einem Zelt mit zwei Mädchen und einem jungen Mann. Diese planen eine Rafting Tour für 100 DM pro Person. Edi überlegt, ob das nichts für uns wäre. Aber wir fahren dann doch nach einem Plausch mit den dreien weiter.

Jetzt geht's leicht bergauf. Am ersten Hügel oben machen wir Rast. Edi hat sich vorgenommen, heute etwas langsamer fortzufahren, damit Anne nicht so hinterherhecheln muß. Das hält er auch strikt ein. Die Landschaft ist herrlich, Täler wie gemalt, Höfe, Flüsse wie Kristall, tolle Abfahrt und wieder Hochschnaufen, ins Hochland wo wir die 1 verlassen und die F 37 Kjölur Route beginnen.Das Wasserkraftwerk!Oben ist ein großes Kraftwerk, das die Energie des Flusses Blanda nutzt. Anmerkung zum Kraftwerk: Das Kraftwerk erzeugt 150 Megawatt, bezogen auf das Einzugsgebiet ist das 1 Kilowatt pro Hektar. Es gab durchaus Gegner des Projekts, weil viel Weideland verloren ging. Der Betreiber mußte deshalb 30 Qudradatkilomter in der Umgebung anpflanzen und aufforsten lassen.

Es geht flott weiter, das Wetter spielt im großen und ganzen mit (Regen nur gering, dann wieder Sonne). Wir campen an einem kleinen Stausee, vor den Mücken verschließen wir das Zelt und kochen drinnen Kartoffelbrei und Jägersoße, delikat. Einschlafprobleme gibt es nicht.

Freitag, 7. August 1998 zurueck 58,27 km
11,57 km/h
Start: 11:51
Abschnitt: Varmahlid - Audkuluheidi
Samstag. Man kommt mit dem Datum und den Wochentagen leicht durcheinander, wenn man aus dem Alltagsrhythmus ist. Wir kommen erst sehr spät los, weil es im Zelt so gemütlich ist. Die Sonne hat das Zelt auf kuschelige 28 Grad aufgeheizt. Gegen elf Uhr sind wir dann unterwegs. Gut geweetabixt und stark für den Tag. Die Sonne lacht den ganzen Tag und bis auf die zweite Hälfte hielt der Wind sich zurück. An einer Aussichtsstelle, ungefähr zehn Kilometer weiter, machten wir Rast. Kurz nach uns kommt ein ganzer Omnibus und packt Essen aus, mehrere Autos hielten an. Ein gesprächiger Österreicher setzt sich zu uns und erzählt, daß derAnne holt WasserStraßenbau in Island ständig zugenommen hat. Es ist schon schwierig, eine richtig schlechte Straße zu finden. Erst einmal ist er mit seinem Volvo im Sand steckengeblieben. Unser Mittagstisch besteht aus getrocknetem Fisch, Brot und Tee. Die Straße war bis hierher bestens, was sich aber doch bald ändern sollte, vor allem nach dem Stausee. Die Landschaft ändert sich. Aus den bewachsenen, hügeligen Lavafeldern, die sehr hübsch aussehen, wird wieder etwas eintönig graue Steinbedeckung des Bodens.

Doch nun taucht zuerst der Langjökull am Horizont auf, die Berge und Gletscher leuchten in der Sonne. Wir machen viele Pausen und genießen den schönen Tag. Etliche Riegel muß Anne vertilgen, viele Fotos werden gemacht. Das Wetter hält sich toll, nur ein starkes Windchen von der Seite und leicht von vorn behindert das Vorankommen. Die Rottelstrecke, abwechselnd Sand, Schotter und Wellblechoberfläche, kommt später verstärkt zutage. Doch die Anstrengung wird belohnt vom Anblick zweier Gletscher, zwischen denen wir uns fortbewegten: Hofjoekull Hofjökull und Langjökull. Hofjökull kommen uns immer näher und schimmerte schön. Nach 53 km sind wir in Hveravellir, einem Thermalgebiet mit heißen Quellen und einem kleinen Geysir. Wir bauen das Zelt auf, kochen und essen Abendbrot. Danach wandern wir zum heißen Fluß, von dem schon von weitem die Dämpfe zu sehen sind.HveravellirEin kleines heißes Becken ist vor einer Hütte. Zuerst denkt man: Du ziehst dich hier nie aus. Es ist zu kalt. Aber dann zieht man doch schnell die Badesachen an und wagt sich ins heiße Wasser, das einem zunächst kochend heiß erscheint. Der Körper paßt sich zunehmend an die Temperatur an und entspannt wohlig. Man wechselt zwischen dem kalten und heißen Becken. Hinterher geht es einem sehr gut.

Der Campingplatz ist recht voll, obwohl tausend Kronen für zwei Personen verlangt werden. Heravellir ist ein Tourismus-Highlight im Hochland. Sehr viele Deutsche, der Campingplatz ähnelt zuweilen stark einem Rummelplatz.

Samstag, 8. August 1998 zurueck 53 km
9,9 km/h
Start: 10:58
Abschnitt: Audkuluheidi - Hveravellir

Zuerst machen wir einen Spaziergang, um die Solfatare anzuschauen. Man kann zwischen den heißen Quellen und einem kleinen Geysir auf Holzstegen durchgehen. Es ist beeindruckend, wie es aus der Erde heraus sprüht und brodelt. Ein kleiner Sprüher ist besonders toll! Sieht aus wie ein kleiner Tischvulkan, aus dem abwechselnd Dampf aufsteigt, dann wieder feine Wasserstrahlen. Zu besichtigen war noch ein Torfhaus (allerdings schlecht restauriert, Wellblech innendrin.)

Als wir zurückkommen, haben sich schon Spanier um die Räder versammelt. Einer fragt, ob er sich die Räder näher anschauen dürfe. Er wäre Schmid und wollte sich selbst so ein Rad konstruieren und bauen. Edi erklärt voller Elan, wo die Federung sitzt, was beim Radstand zu beachten ist.
Die Piste ist heute ganz schön hart. Sand und Kies und Rottelpiste in allen erdenklichen Variationen. Wolken Wetter Das Wetter ist sehr windig, bewölkt und frisch. Unterwegs treffen wir zwei deutsche Radler, die bis hierher mit dem Bus gekommen sind und sich nun für die Radpiste entschlossen haben. Keine gute Wahl, da die Strecke bis Hveravellir sehr gut war im Gegensatz zu jetzt. Aber das Fahren macht schon viel Spaß. Immer wieder ändert sich das Licht. Die Tageszeit spielt da eine untergeordnete Rolle. Man kann anhand der Lichtverhältnisse nicht entscheiden, ob es ein bewölkter Vormittag oder ein normaler Abend um 21 Uhr ist.

Auf der Anhöhe von 785 m können wir wunderbar auf den Gletscher Hofjökull sehen. Er leuchtet in der Sonne. Wir sehen, wie die Wolken wandern und ein ganzer Landstrich in warmes Licht getaucht wird. Edi sagt voraus, daß auch bei uns die Sonne durchkommen wird und es Föhn gibt. Der Föhn löst die grauen Wolken vor den Bergen auf. Es wird trocken und wärmer, doch so richtig strahlend schön wie gestern wird es nicht. Wir zelten an einem kleinen Rasenstück vor einem Flüßchen, nahe vor uns der Gletscher Hvitar und der Gletschersee Hvitarvatn, in den der Gletscher kalbt. Zwei kleine Eisberge sehen wir auf unserer Wanderung dorthin.

Der Weg ist sehr weit, wir sind fast zwei Stunden unterwegs und doch kommen wir nicht sehr nahe an den See heran. Eine Furt über das Flüßchen hin und zurück wärmt die Füße sehr. Unterwegs klärt mich Edi über die Geheimnisse des Wetters auf. Daß ein Hoch gut ist, ein Tief schlechtes Wetter bringt, ist klar. Aber aus welchen physikalischen Gründen? Der Luftdruck beeinflußt die Feuchtigkeitsmenge der Luft, niedriger Druck = wenig Feuchtigkeit halten, das bedeutet: Regen. Hoher Druck = Luft kann mehr Feuchtigkeit halten, das bedeutet: trockenes Wetter.

Anmerkung: Die schlechte Rottelpiste wurde frisch planiert, bevor wir sie betreten.Das Tunnelzelt mit Steinen! am HvitarvatnVorher muß sie noch schlimmer gewesen sein, wir hatten gestern abend in Hveravellir einen solchen Straßenhobel gesehen, ein Wagen mit riesigen Schiebevorrichtungen. Der ist sicher vor uns durchgefahren. Wir könnten sogar die Raupenabdrücke erkennen. Zum Wind: zuerst haben wir ein wenig Gegenwind, am Nachmittag jedoch das Glück, daß er uns mitsamt den Rädern regelrecht vor sich herschob. Ein tolles Gefühl, wenn auf einmal etwas von hinten drückt. Edi erinnert mich gerade auch noch an die Mittagsrast. Es windet sehr und ist kühl, wir aber haben dank guter Platzwahl eine gemütliche Rast an einem Aussichtspunkt. Dort sind große Steine aufgebaut, die einen guten Windschatten abgeben. Nun sitzen - liegen wir im Zelt, das Edi besonders gut vor dem Wind geschützt hat: Alle Heringe und Spannvorrichtungen sind straff angezogen und die wichtigsten mit schweren Steinen befestigt. Also heute nacht kann ein Sturm kommen.

Sonntag, 9. August 1998 zurueck 47,5 km
Start: 9:45
Abschnitt: Hveravellir - Hvitarnes

Es gab über Nacht tatsächlich Sturm. Doch die Steine, die Edi auf die Verankerung des Zeltes gelegt hat, haben gut gehalten. Wir starten sehr früh um halb neun und nehmen die alte Rottelstrecke wieder auf. Der Wind ist recht kräftig und wird noch kräftiger. Es ist sehr anstrengend, das Vorwärtskommen wird immer wieder durch den Wind nach rechts umgedreht. Sand und Rottel hören eine Weile auf, als uns die Straßenschleifmaschine, der Straßenhobel, entgegenkommt. Die Straße war sehr glatt, wie abgeschnitten. Die Sonne zeigt sich heute sehr schön, wenn nur der Wind nicht wäre... Denn Sand und viel Wind bedeuten Sandsturm. Den haben wir zeitweise kräftig. Zusammen mit den vorbeifahrenden Autos überkrustet er uns vollständig mit Sand und Staub.

In einer Kurve passiert dann das Umglück: mein Rad fiel, obwohl ich es auf dem Ständer abgestellt hatte, auf die rechte Seite. Der Wind schiebt es einfach mal schnell auf einen spitzen Stein. Edi sagt noch: "Du hast dein Rad wieder einmal nicht richtig abgestellt. Immer in die Windrichtung, nie seitlich dazu. Das hab ich dir schon oft gesagt. Beim zehnten Mal umfallen ist dann die Bremse kaputt."

Zerknirscht hebe ich das Rad wieder hoch (er hatte es wirklich schon oft gesagt) - und stelle fest, daß die Bremse kaputt war. Der Schlauch war eingerissen und die Hydraulik damit undicht. Die Bremsflüssigkeit schoß im Strahl an der Bruchstelle heraus. O weh, das war ein Schock. So etwas kann nicht schnell repariert werden! Edi war ziemlich sauer, weil er schon befürchtete, daß wir die Radtour abbrechen müssen. Bremsen sind schließlich wichtig. Aber das Liegerad hat ja zwei Bremsen. Zum Glück. Die Hinterradbremse tut ja noch.

Und so erreichen wir heil um 2 Uhr nachmittags den Gullfoss.Anne vor GulfossAuf dem Weg zwei kleine Furten, beide fahrbar. Edi ist enttäuscht. Keine richtigen Furten! Wir sind die ganze Zeit vor der Regenfront hergefahren. Es sieht immer so aus, als ob wir ins schöne Wetter fahren. Von weitem sieht man den Gullfoss dampfen. Die Sonne schien toll, der Wasserfall funkelt herrlich. Der Gullfoss ist beeindruckend. Zwei Fallterassen, man kann sich sogar toll dazischen setzen, wir hatten das Glück, genau zwischen zwei Busschüben dort zu sein.Sigridur, Retterin des Gullfoss vor SpekulantenLeider finden wir aber kein Cafe, deshalb schnell weiter zum Geysir.

Inzwischen hat sich der Seitenwind in einen starken Rückenwind verwandelt, so daß wir die acht Kilometer vom Gullfoss nach Geysir in nullkommanichts zurücklegen. Fast ohne zu treten, können wir die schurgerade Straße bergab fahren. Endlich keine Rottelstraße mehr!

Das Wetter zeigt sich nun wieder von der schlechten Seite, es regnet. Edi macht vor dem Hotelrestaurant Geysir halt. Ich warne, weil ich im Führer was gelesen hatte, daß das Hotel nicht so gut sei. Die Esso-Station viel besser. Wir zur Esso-Station, die war aber furchtbar, außer Hotdogs gab es nichts gescheites. So sind wir doch ins Restaurant Geysir - und es war toll! Gepflegte Atmosphäre, eine ganze Kanne Kaffee, Waffeln köstlich knusprig mit Sahne und Marmelade. Der Campingplatz gehört zur Station und liegt direkt hinter dem Solfataren und Geysir-Gelände. Sehr schöner Rasen, man hört und sieht die Eruptionen von Strokkur.

Modellhaus ueber heisser QuelleWir besichtigen das Gelände, es gibt ganz viele kleine heiße Töpfe, manche kochen mit 100 Grad, ein kleiner Geysir, der nur rumsprudelt, dann die Hauptattraktion: Strokkur. Der Geysir eruptiert alle zwei bis drei Minuten einmal. Es ist unglaublich spannend, zuzusehen, wie sich das Wasser sammelt, brodelt, kleine Bläschen wirft, schwabbt, nochmehr schwabbt, sich nach oben bewegt, dann wieder ausläuft, brodelt, sammelt, hochwölbt, zur Glocke schließt, glasartig gespannt wird. Es hat dann einen harten, kugeligen Kern, der auf einmal in die Höhe schießt und die Fontäne sich hoch aufrichtet.Strokkur ...Oben zerspringt, höher geht und sich in Dampf auflöst. Eine riesige Wolke folgt, zieht sich schnell zusammen. Im Nu zieht sich das Wasser zurück. Das Loch, in dem das Wasser brodelt, schien leer zu sein. Dorthin fließt das dampfende Wasser brav zurück, es wird richtig eingesogen.

Geysir selbst ist still, die mächtige Plattform ist noch da. Am Nationalfeiertag wird er künstlich belebt und zur Eruption gebracht. Strokkur ist viel kleiner, geht nur ca 20 bis 25 Meter tief, Geysir ist tiefer. Die Temperaturen erreichen dort 250 Grad Celsius. Da es regnet, bleiben wir nicht so lange, sondern säubern und erholen wir uns am Whirlpool des Schwimmbads. Danach gehen wir im Restaurant Geysir für 150 Mark schlemmen. Es tut unglaublich gut, die Atmosphäre ist gediegen und das Essen sehr gut. Ich hatte zwei gegrillte Lachsteaks, Edi zwei Koteletts in pikanter Soße. Dazu als Vorspeise Suppe, vornedrauß frisch aufgebackene warme Brötchen mit Butter und einen gigantisch verzierten Nachtisch.

Danach sehen wir nochmals Strokkur zu und gehen bis um halb elf schlafen.

Spruch: Bisi bei BP, Schnell bei Schell...

Anmerkung zur Campingnacht: Die ganze Nacht haben man lautes Schnarchen aus einem umliegenden Zelt. Es klang sehr nahe und sehr laut. Am nächsten Morgen konnte das Geräusch lokalisiert werden. Es kam aus einem der etwas weiter abliegenden Zelte. Als wir abgebaut hatten, kam eben dieser Mensch auf uns zu und sprach uns auf die Räder an, machte danach sogar ein Foto (!). Wir hatten ihn nicht als Schnarcher entlarvt.

Montag, 10. August 1998 zurueck 55,7 km
11,75 km/h
Start: 8:37
Abschnitt: Hvitarnes - Geysir

Strokkur kurz vor AusbruchFrüh aufgestanden, 6.10, weil die Sonne sich zeigte, Edi hat Strokkur in der Morgensonne fotografiert. Trotz früher Uhrzeit sind wir nicht die einzigen am Geysir, zwei weitere Fotografen nutzen noch die Gunst des Lichts.Ausbruch StrokkurAm Morgen erzähle ich Edi von komischen Lichtern, die ich nachts gesehen hatte. Es sah für mich aus wie eine Diskobeleuchtung. Edi war daraufhin sauer, daß ich ihn nicht geweckt hatte. Es müssen Polarlichter gewesen sein.

Der Morgen fängt sehr schön an.WasserfontaeneEs ist einfach spannend, Strokkur zuzusehen. Danach lesen wir im Zelt im Reiseführer nach, was über Pingvellir zu lesen ist. Der Reisebericht von gestern muß noch geschrieben und vorgelesen werden, zusammen überlegen wir, was noch fehlt.

Hinweis: Inzwischen habe ich mich von der Form des Gysir inspirieren lassen und einen Eiszapfen mit der gleichen Form gebaut [16.1.2002]

Dann gings auf Fahrt. Der Wind hält sich heute zurück. Er ist zuerst kaum zu spüren, später als Rückenwind. Die ersten zehn Kilometer sind ganz einfach, dann wird die Straße etwas schlechter. Ein Zwischenstück ist noch rottelig, aber die Isländer sind schon am Ersetzen der einspurigen Brücken durch zweispurige. Einbreid Bru - Schilder wird es immer weniger geben.

In Laugarvatn kaufen wir für den Abend ein. Eingelegte Forellen, Gravad Lachs Soße, Bananen, Kaffee etc. Da es gerade Mittagszeit ist, essen wir Hotdogs. Immer wenn es Hotdogs gibt, geht's bergauf. Zwei kleine Jungen radeln wie die Teufel hinter uns her. Der eine ruft die ganze Zeit: "Cool!" Und strahlt über das ganze Gesicht, als er die Räder sieht. Dann aber geht es zum Nationalpark Pingvellir. Seit 930 dient das Gebiet für den Alping, die Parlamentarische Versammlung der Isländer. Der Platz wurde aus akustischen und logistischen Gründen gewählt. Er war von den damaligen Besiedlungen aus gut zu erreichen und bot den versammelten Menschen Schutz und Wasser.

Doch um dahin zu kommen, müssen wir noch einen kleinen Paß bestreiten. Unglücklicherweise fängt es an zu regnen, was die Straßenqualität um eine neue Variante bereichert: Matsch und Schlamm. Das gefällt den Rädern und uns nur wenig. Vor allem aber ist die Sicht sehr eingeschränkt, Regenwolken und Nebel verhindern den freien Blick auf das Pingvellir-Tal. Durchnäßt kommen wir um drei nachmittags in Pingvellir an und suchen sofort Schutz in der Cafeteria. Ein heller, freundlicher und vor allem warmer Glasvorbau an der Hütte, ist genau das, was man sich wünscht. Wir treffen den Holländer, den mit uns auf der Fähre war. Nun sitzen und trocknen wir erstmal für zwei Stunden im Cafe, trinken Cafe, essen sehr kompaktes isländisches Schmalzgebackenes und Trockenfischsnack.

Dort begegnen wir auch einer Frau aus Deutschland, die seit zehn Jahren hier lebt (bei Reykjavik, sie stammt aus Stuttgart und ist sehr erfreut, Leute aus Tübingen zu treffen. Die Liegeräder waren ihr auch schon aufgefallen. Sie bestätigt uns, daß es in den letzten Jahren viele neue Straßenschilder gegeben hat. Im Kiosk hängt ein aktueller Wetterbericht aus dem Internet.

Der Besuch des Versammlungsplatzes (mit dem Rad aber ohne Gepäck), das Zelt haben wir am Campingplatz hinter der Hütte aufgestellt. Pingvellir ist sehr beeindruckend. Die geologische und geografische Lage des Platzes ist erstaunlich: Hier drifteten und driften die Kontinente auseinander: auf der westlichen Seite Amerika, auf der östlichen Seite die eurasische Kontinentalplatte. Die Risse sind unverkennbar in der Landschaft. Die Almannja-Schlucht, das Herz von Pingvellir, sieht aus wie eine riesige, schöne Steinmauer mit einem fantasievollen Fries und Skulpturen voller Bedeutung: Eine Sphinx und Pyramide, Menschenfiguren, das Auge erkennt vieles im gespaltenen Fels, der wie ein Bauwerk wirkt. Es gibt viele Winkel, Nebenschluchten, die wie Kämmerchen wirken. Pingvellir

Ein Wasserfall begrüßt die Besucher am Eingang. Vor diesem Monument liegt der Pingvellirvatn, ein märchenhäfter See, dahinter, besser: um alles herum die wunderbar beleuchteten Gebirgszüge. Ein malerischer Ausblick und ein Ort, an dem man sich wohlfühlt. Zurück am Campingplatz kochen wir uns ein Süppchen, essen den Fisch und gehen früh ins Bett. Ein kleines Problemchen beim Campen: die Toilette befindet sich immer außerhalb des Zeltes. Und jetzt regnet es in Strömen. Wie gut, wenn man nicht dringend muß. Verdrängt habe ich noch ein radtechnisches Problem: Edis Hinterrad sitzt nicht mehr richtig im Lager, d.h. es wackelt und eine Speiche ist gebrochen, die nicht so leicht ersetzt werden kann. Wir hoffen stark, daß wir damit noch heil in Reykjavik ankommen. Es ist nicht mehr so weit: noch 60 Kilometer bis zur Hauptstadt und noch 40 Kilometer bis zum Flughafen. Das ist auf jeden Fall zu schaffen.

Spruch des Tages: "The weather in iceland - it´s not a bug, it´s a feature."

Die Schafe schauen hier nicht so glücklich. Sie sind eingezäumt, im Hochland dagegen frei und beherrschen das Gebiet, können über die Straße, wann sie wollen. Drastisch war, daß an einem Gatter die Schafe dicht aneinandergedrängt die Köpfe an das Gitter drückten, sie wollten raus und über die Straße. Im Hochland warten die Schafe immer, bis ein Auto kommt oder ein Fahrrad. Kurz bevor es vorbei will, kreuzen sie die Straße. Auf Edi hat einmal ein prächtiges Schwarzes sehr lange gewartet.

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Dienstag, 11. August 1998 zurueck 56 km
14,53 km/h
Start: 9:40
Abschnitt: Geysir - Pingvellir
eduard@heindl.de zurueck Sommer 1998
http://www.eduard-heindl.de/is/island2.html